Die Verhinderungspflege ist die notwendige Ersatzpflege eines pflegebedürftigen Menschen im Falle einer Verhinderung der pflegenden Person.
Um die Pflege eines pflegebedürftigen Menschen auch dann gewährleisten zu können, wenn die pflegende Person verhindert ist, übernimmt die Pflegekasse in einem gewissen Umfang die Kosten einer notwendigen Ersatzpflege.
Klicken Sie bitte einen der folgenden Überschriften an, um weitere Informationen zu erhalten.
[spoiler title=”Voraussetzungen”]
Die Pflegeperson ist wegen Urlaubs, Krankheit oder anderer Gründe an der Pflege gehindert.
Beispiel
Eine Ersatzpflege ist notwendig.
Hierbei beschränkt sich die Notwendigkeit nicht auf die Umsetzung des § 14 Abs. 4 SGB XI (Körperpflege, Ernährung, Mobilität und Hauswirtschaft), sondern sie erstreckt sich auch auf den allgemeinen sozialen Betreuungsaufwand.
Zudem ist die Verhinderung unvermeidbar und eine Umdisposition für die ausfallende Pflegeperson nicht zumutbar. Grundsätzlich ist allerdings nur ein evidenter Missbrauch schädlich.
[/spoiler][spoiler title=”Erfüllung der Vorpflegezeit”]
Die Pflegeperson hat den Pflegebedürftigen vor der erstmaligen Verhinderung
in seiner häuslichen Umgebung gepflegt (Vorpflegezeit).
Dabei hat die pflegende Person nachzuweisen, dass ihre Aufwendungen für die Pflege
umfasst haben.
Maßgeblich ist hier die sog. tatsächliche Vorpflegezeit, die nicht zwingend identisch ist mit dem Einstufungszeitraum der Pflegestufe. Daher ist bereits bei der Einstufung darauf zu achten, dass entsprechende Angaben zur Vorpflegezeit aufgenommen werden, und auch im folgenden sollten aus diesem Grunde neue Pflegepersonen bei der Pflegeversicherung nachgemeldet werden.
Es ist nicht erforderlich, die Vorpflegezeit ohne Unterbrechungen ausgeführt zu haben; eine Unterbrechung länger als vier Wochen hat lediglich die Verlängerung der Wartezeit zur Folge.
Die zu pflegenden Person ist einer Pflegestufe zugeordnet. Unerheblich ist allerdings, um welche Pflegestufe es sich handelt.
Die Kosten der Verhinderungspflege werden von der Pflegekasse wie folgt übernommen:
Angehörige i. d. S. sind gem. § 39 SGB XI Pflegepersonen, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum zweiten Grade verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben.
Sind der/dem pflegenden Angehörigen im Zusammenhang mit der Ersatzpflege notwendige Aufwendungen (z. B. Fahrtkosten, Verdienstausfälle etc.) entstanden, können diese von der Pflegekasse übernommen werden, wenn sie durch geeignete Nachweise (z. B. Fahrtenbuch, Rechnungen etc.) belegt werden. Sie dürfen jedoch folgende Grenzen nicht überschreiten:
Sollte der Höchstbetrag vor Ablauf der vier Wochen ausgeschöpft sein, sind darüber hinausgehende Kosten i. d. R. von der pflegebedürftigen Person selbst zu tragen. Sollte sie sich hierzu nicht imstande sehen, besteht die Möglichkeit einer Übernahme durch das Sozialamt. Dies kann mit einem Pflegeberater der jeweiligen Pflegekasse geklärt werden.
Abschließend sollte noch einmal darauf hingewiesen werden, dass die Verhinderungspflege für jedes Kalenderjahr gewährt wird. Nach Ablauf eines Jahres verfällt der Restanspruch für die verbliebenen ungenutzten Tage.
Grundsätzlich kann der Pflegebedürftige die Verhinderungspflege frei gestalten.
Dies bedeutet, dass er selbst die Vertragsmodalitäten mit dem Pflegedienst vereinbaren kann. Die einzige Beschränkung dieser Gestaltungsfreiheit besteht lediglich in einer wirtschaftlich unvernünftigen Verhaltensweise (z. B. eindeutig überhöhte bzw. unangemessene Entgeltvereinbarungen). Die Kalkulation sollte insofern nachvollziehbar und angemessen sein.[/spoiler][spoiler title=”Kombination des Anspruchs mit anderen Leistungen”]
Eine kombinierte Inanspruchnahme von Verhinderungspflege und Pflegesachleistungen gem. § 36 SGB XI ist möglich.
Auch eine Kombination von Verhinderungspflege mit teilstationärer Tages- und Nachtpflege nach § 41 SGB XI ist möglich.
Gemäß § 42 SGB XI ist eine Inanspruchnahme von Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege für den gleichen Zeitraum nicht möglich, da neben einer vollstationären Sachleistung die Notwendigkeit einer Verhinderungspflege nicht gegeben sein kann. Es besteht jedoch ein Wahlrecht zwischen diesen beiden Möglichkeiten. Da zudem keine jeweilige Anrechnung der Höchstbeträge erfolgt, können im Kalenderjahr derzeit 2 x € 1.510,00 in Anspruch genommen werden. Auf diese Weise kann die Verhinderungspflege die Kurzzeitpflege “verlängern” oder etwa im Anschluss an den stationären Aufenthalt noch ergänzend angehangen werden.
Bei Empfängern von Pflegegeld tritt die Leistung der Verhinderungspflege grundsätzlich an die Stelle des Pflegegeldes. Eine Inanspruchnahme von Verhinderungspflege und ein gleichzeitiger Bezug von Pflegegeld sind demzufolge generell ausgeschlossen. Lediglich für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege wird das Pflegegeld nicht gekürzt.
Wird die Verhinderungspflege jedoch nur stundenweise in Anspruch genommen (weniger als acht Stunden täglich), entfällt der Anspruch auf Pflegegeld nicht. Er besteht vielmehr in voller Höhe fort, und zwar unabhängig davon, ob die stundenweise Inanspruchnahme an mehreren Tagen in Folge stattfindet oder verteilt über das Kalenderjahr.
Für Tage, an denen die Verhinderungspflege nicht mindestens acht Stunden erbracht wird, erfolgt keine Anrechnung auf die 28-Tage-Grenze, lediglich die Kosten werden vom Jahreshöchstbetrag von derzeit € 1.510,00 abgezogen.
Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, ist es bei stundenweiser Inanspruchnahme an mehreren Tagen in Folge zu empfehlen, sich vorher mit der Pflegekasse in Verbindung zu setzen und ausdrücklich darauf hinzuweisen.
Erhält der Pflegebedürftige eine Kombination von Pflegegeld und Pflegesachleistung, so hat er einen Anspruch auf die Verhinderungspflege ohne Kürzung bzw. Auswirkungen auf seine gewählte Kombinationsleistung, wenn die Ersatzpflege nur stundenweise erbracht wird.
Fällt seine Pflegeperson dagegen vollständig aus und handelt es sich infolgedessen nicht mehr um eine bloße stundenweise Verhinderungspflege, tritt die Verhinderungspflege an die Stelle des Pflegegeldes (vgl. Punkt 4.) und der Anspruch auf Pflegesachleistungen wird ggf. “aufgestockt” (vgl. Punkt 1.).
[/spoiler][spoiler title=”Antragstellung”]
Bei der Verhinderungspflege gem. § 39 SGB XI handelt es sich um einen per Gesetz festgelegten Anspruch. Ein vorheriger schriftlicher Antrag auf Gewährung der Verhinderungspflege oder eine vorherige Genehmigung durch die zuständige Pflegekasse ist somit nicht erforderlich (ggf. aber ratsam). Lediglich die anschließende Erstattung der notwendigen Aufwendungen ist durch den Pflegebedürftigen zu beantragen.
[/spoiler]